Eine ungewöhnliche Bewerbung

Die Allermeisten unter uns kennen die Situation, dass sie sich einmal um eine Ausbildungsstelle, einen Arbeitsplatz oder Studienplatz beworben haben. Heutzutage ist das mit einigem Aufwand verbunden: Bewerbungstraining für den besten Eindruck, Motivationsklärung, Bewerbungsfoto und Bewerbungsschreiben, ... wie gewinne ich meinen zukünftigen Chef für mich ... banges Warten auf eine Einladung zum Vorstellungsgespräch – und wenn es dumm läuft, folgt vor der Einladung bereits die Absage. Sich bewerben hat auch etwas zu tun mit der Suche nach dem besten Platz für mich. Wohin geht meine Sehnsucht, wohin zieht es mich? Was erfüllt mich? Welche Aufgabe, welcher Ort, welche Beziehung?

Kann man sich bei Jesus erwerben? – Jakobus und Johannes dachten wohl so, wenn sie sich um die besten Plätze in der Herrlichkeit Gottes bewerben. Sie wissen genau, was sie wollen: rechts und links von Jesus sitzen (Mk 10,35-45). Was die beiden tun, nennt man heute eine Initiativbewerbung – eine Bewerbung auf gut Glück, ohne zu wissen, ob der Betrieb oder die Firma überhaupt Plätze frei haben, die zu ihnen passen. Jesus glaubt nicht recht zu hören und kann seinen Ohren kaum trauen, so dass er zurückfragt, ob ihnen denn klar sei, worum sie sich bewerben. Ihre Antwort wartet er gar nicht ab, sondern schenkt ihnen reinen Wein ein über das, was sie auf sie zukommen würde – mit und ohne Bewerbung.

Der beste Platz bei Jesus ist der, an dem man füreinander einsteht und für Gerechtigkeit sorgt. Der beste Platz ist der, an dem man ohne viel Aufhebens da ist und dafür eintritt, dass es allen gut geht. Der beste Platz ist der, an dem wir einander etwas von der Fülle des Lebens zeigen. – Auch um diesen Platz kann man sich nicht bewerben, denn als Christ und Christin lassen wir uns ganz automatisch auf diesen Platz ein. – Und es ist der beste Platz für uns als Kolpingmenschen, dessen bin ich gewiss.

Claudia Hofrichter, Geistliche Leiterin im DV Rottenburg-Stuttgart