Sich regen bringt Segen

„Mein ganzes Leben war ich aktiv. Ich habe die Hände nie wirklich in den Schoß gelegt“, erzählt mir Anna. In den kommenden Tagen feiert sie ihren 80. Geburtstag. Und dann erzählt sie vom frühen Tod ihrer Mutter. Für ihre jüngeren Geschwister übernahm sie mütterliche Aufgaben. Sie spricht von ihrer Heirat, der Geburt und Erziehung ihrer Kinder. Ihr Mann arbeitete auswärts in einem mittelständischen Unternehmen, ihre beruflichen Tätigkeiten waren immer in der Nähe des Dorfes, so dass sie Familie und Beruf verbinden konnte. Das Meiste habe ihr Freude bereitet. Auch viel ehrenamtliches Tun gehörte dazu. „Mit Menschen zusammen zu sein, das ist wunderbar. Heute freue ich mich über meine Enkel, die so ganz anders aufwachsen als ich.“ Durch schwere Zeiten habe sie ihr Glaube getragen, auch wenn sie Gott so manche kritische Frage stellte. Gesegnet erlebt sie sich. „Sich regen bringt Segen." Diese Weisheit steht wie ein Leitsatz über ihrem Leben. Und nicht nur über das Ihre. Ist es nicht unser aller Auftrag? In der Gottesrede im Buch des Propheten Jesaja heißt es: „Siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s denn nicht?“ Wie erkenne ich dieses Neue? Wie erkenne ich, welche Charismen mir Gott für welche Aufgabe dabei zugedacht hat? Ich bin überzeugt davon, dass wir aus den Geschichten und Perspektiven anderer Menschen lernen. Generation für Generation. Als ich Anna zuhörte, wurden in mir selbst viele Erinnerungen geweckt; mehr noch sah ich die brennenden Themen der Gegenwart, die Annas Enkel und mich selbst tief bewegen. „Sich regen bringt Segen“ – welche Schritte, um die Gegenwart für die Zukunft zu gestalten, gehen wir als Kolpingmenschen? „Sich regen bringt Segen“ hat immer das Gemeinwohl im Blick. Das ist unser ureigenster Auftrag. Aktuell sind wir besonders gefragt, im Zukunftsprozess „Kolping upgrade" als auch im Entwicklungsweg der Diözese „Kirche am Ort – Kirche an vielen Orten gestalten" Stellung zu nehmen. Mischt Euch ein in die Diskussionen, formuliert Perspektiven, ermutigt zu den entsprechenden Aktivitäten! Lernt voneinander, von Euren Lebenserfahrungen, von Höhen und Tiefen, von Zweifel und Glaube. Erzählt einander Eure „Sich regen bringt Segen"-Geschichten, in denen so viel Weisheit steckt und die Mut machen, mit wachsender Kraft Neues zu schaffen und zu gestalten.

Dr. Claudia Hofrichter, Geistliche Leiterin im Diözesanverband