innere Zusammenhänge erkennen; sie macht verständnisvoll und großherzig. Einsicht bewahrt vor vorschnellem Urteil und sucht zu verstehen. Sie bewahrt vor oberflächlichem und leichtsinnigem Reden (Oberflächlichkeit und Schlagworte sind Zwillinge).

3. Bewusst leben heißt vor allem, nicht in den Tag hinein zu leben, sondern eigenständig auch gegen den Trend anzugehen. Dazu braucht es Mut. Jeder weiß, wie sehr wir manipuliert und beeinflusst werden. Keiner kann sich dem Strom der Zeit entziehen. Doch gilt es, immer wieder dem Sog nach unten zu widerstehen – gegen Schwäche und Bequemlichkeit.

4. Zu einem bewussten Leben gehört die Klugheit,  die man „die Mutter aller Tugenden" nennt. Der Kluge wägt ab, prüft und bedenkt die verschiedenen Gesichtspunkte. Vor allem: Er denkt an das „Morgen" und fragt nach den Auswirkungen seines Tun’s und Lassens. Er weiß um seine Grenzen und die Unvollkommenheit der Menschen. Doch er erkennt die jeweilige Straße, nützt die Zeit und denkt an das Ende.

5. Damit solch bewusstes Leben möglich ist, bedarf es der regelmäßigen Besinnung. Letztlich ist jeder Mensch von Natur aus darauf angelegt, über sich selbst, seine Umwelt, seine Mitmenschen, sein Lebensziel nachzusinnen. Man kann freilich durch Geschäftigkeit und Lärm diese natürliche Anlage zuschütten. Deshalb ist regelmäßige Standortbestimmung notwendig. Für den gläubigen Christen im Angesicht Gottes trägt sie den Namen „Gewissenserforschung". Sie ist ein Element von Bußfeier und Bußsakrament, gehört aber ebenso zum täglichen Gebet.

Die österliche Bußzeit will uns dazu anregen, uns zu besinnen und auf ein bewusstes Leben einzuüben. Vielleicht gibt es wieder manches neu zu ordnen oder neu zu beginnen. Wir sind ja ein Leben lang unterwegs und immer wieder gilt es, sich neu zu orientieren im bewussten Rückblick auf Vergangenheit und Ausblick auf die Zukunft.

Pfarrer i. R. Msgr. Franz Scheffold